Der demografische Wandel in Deutschland ist zunehmend spürbar. Eine Nation wird älter. Ein bevorstehender Geburtenkollaps ist nach Expertenmeinung unaufhaltbar. Unser Land wird sich in zahlreichen Komplexen des gemeinschaftlichen Lebens und wirtschaftlichen Wirkens nachhaltig verändern. So auch die Art, wie und wo wir wohnen.
Die Energiewende bis 2050, eine rasant steigende Weltbevölkerung (ca. 10,78 Milliarden Menschen bis 2100) samt der sich daraus ergebenden Zuwanderung in die BRD sowie der inländische Geburtenrückgang bis 2035 – eine aktuelle Studie beleuchtet diese 3 zentralen Themen, mit denen sich Deutschland in den kommenden Dekaden konfrontiert sieht.
Wie werden sich diese Herausforderungen auf den Immobilienmarkt unseres Landes auswirken? Welche Standorte eignen sich künftig noch für Investition? Welchen Bundesländern droht vermehrt der Leerstand? Die Studie soll helfen, potenzielle Investoren über die Risiken und Chancen der kommenden Jahre aufzuklären.
Bis auf wenige Ausnahmejahre verzeichnet Deutschland seit 1950 ein Bevölkerungswachstum. Seit 1972 steigt die Einwohnerzahl, trotz eines negativen Geburtensaldos. Dies bedeutet, dass seit Anfang der 70er Jahre mehr Menschen sterben als geboren werden. Grund für das Wachstum trotz hoher Sterberate ist vor allem die hohe Zuwanderung. Addiert man alle Salden seit 1950, beträgt die Netto-Zuwanderung rund 16,5 Millionen Menschen. Damit ist Deutschland, nach den USA, das zweitbeliebteste Einwanderungsland weltweit. Die Kombination aus einem negativen Geburtensaldo und der höheren Lebenserwartung sorgt für einen steigenden Anteil an älteren Menschen. Bereits heute ist jede 2. Person über 45 Jahre alt. Ein Großteil der erwerbstätigen Bevölkerung wird in den kommenden Jahren die verdiente Rentenzeit antreten. Die Zahl der über 80-Jährigen wird von 7,5 auf 10 Prozent ansteigen. Der demografische Wandel ist in vollem Gange. Je nach Region wird Stagnation oder Rückgang prognostiziert.
Wo sich die Metropolen des Landes mit massivem Wohnungsmangel konfrontiert sehen werden, wird eben genannter Trend in bestimmten, eher ländlichen Regionen weitreichenden Wohnungsleerstand zur Folge haben. Selbst bei einer stagnierenden Bevölkerung müssen Immobilienbestände sowie städtische Infrastrukturen angeglichen werden. Andernfalls beginnt der Verfall über diese Landstriche zu ziehen. Der Rückbau von Ortsteilen oder gar das Aufgeben ganzer Siedlungen wird zur Diskussion stehen. Hinzu kommt, dass mit dem Rückgang und der Alterung der Bevölkerung folglich auch die wirtschaftliche Produktivität sinkt. Als mögliche Gegenmaßnahme zum aktuellen Fachkräftemangel, welcher ein Resultat der Populationsentwicklung ist, wird die intensive Nutzung von Digitalisierungs- und Automatisierungslösungen diskutiert. Auch die gesetzliche Rentenversicherung sieht sich vor gewaltigen Aufgaben – bei dem ohnehin schon hohen Renteneintrittsalter führt der demografische Wandel dazu, dass eine zunehmende Zahl von Rentenempfängern einer abnehmenden Zahl von Beitragszahlern gegenübersteht. Ein Problem jagt das andere.
Beispielsweise Bayern, Baden-Württemberg, Hessen oder Niedersachsen sind in den kommenden 20 Jahren nicht vom Bevölkerungsrückgang betroffen. Im Gegenteil, hier wird laut Studie Zuwachs prognostiziert. Sachsen hingegen gehört, mit unter anderem Thüringen, Saarland oder Brandenburg, zu den Regionen mit sinkender Population.
Auch innerhalb eines Bundeslandes gibt es Unterschiede. Sachsen gehört, auch durch die ländliche Prägung, zu den Bundesländern mit den meisten Landkreisen und kreisfreien Städten, welche allgemein einen hohen Rückgang der Bevölkerung zu verzeichnen haben. Wäre da nicht unsere Lieblingsstadt Leipzig. Hier wird eindrucksvoll vom Gegenteil Gebrauch gemacht. Überregionale Verkehrsverbindungen, wirtschaftlich wie kulturell attraktive Angebote lassen die Stadt rasant wachsen.
In den nächsten 20 Jahren rechnet man mit 30,2 Prozent Bevölkerungszuwachs. Damit liegt Leipzig, nach Regensburg, auf Platz 2. Platz 3 belegt Potsdam mit 24,4 Prozent, gefolgt von Fürth mit 22,3 Prozent potenziellem Zuwachs. Städte, die schon in der Vergangenheit einen starken Zuzug erfuhren, werden auch künftig weiter wachsen. Ob zum Kauf oder zur Miete – der demografische Wandel sorgt dafür, dass die Nachfrage in den Großstädten und urbanen Ballungsgebieten ungebrochen bleiben wird. Folglich werden auch die Kosten für Wohnraum weiter steigen.
Durch das intensive Stärken der Umländer beliebter Großstädte, könnten Stadtplaner diese Herausforderungen bewältigen. Dafür müssen Städte das Umland mittels ergebnisorientierter Infrastrukturmaßnahmen mehr an die wirtschaftlichen Zentren anbinden. Dies würde einerseits den Nachfragedruck auf eine größere Fläche verteilen, andererseits könnten dadurch potenzielle Abwanderungsregionen in die Wachstumsregion aufgenommen werden. So ließen sich zumindest Kosten für den Rückbau ganzer Städte einsparen.
Fakt ist, der demografische Wandel wird ein steigendes Durchschnittsalter in Deutschland etablieren. Der Studie zufolge wird dieses von 44,1 auf 46,3 Jahre ansteigen. Städte werden sich gezwungen sehen, den Bedürfnissen einer wachsenden Zahl an älteren Menschen gerecht zu werden. Hilfs- und Pflegeangebote müssen dringend überdacht und intensiviert werden.
Barrierefreiheit wird ein zentrales Buzzword bei der Planung und Realisierung von öffentlichem Raum sowie Wohnimmobilien. Aktuell erfüllen gerade einmal 1,5 Prozent aller deutschen Immobilien die Kriterien einer barrierefreien Einrichtung. Die Nachfrage steigt, schon jetzt. Doch trotz der gestiegenen Auflagen seitens des Gesetzgebers rechnet man bis 2035 mit einer Versorgungslücke von rund 2 Millionen barrierefreien Wohneinheiten, Tendenz steigend.
Urbane Regionen mit Wachstumspotenzial, welche sich am besten schon seit gestern, anstatt erst morgen, auf die Bedürfnisse einer älteren Gesellschaft einstellen, haben die Chance, als Gewinner des demografischen Wandels hervorzugehen. Durch die weiter steigenden Kosten für Wohnraum in den big Cities des Landes haben auch ländliche Regionen die Chance attraktiver zu werden. Nur wer sich als altersgerechte Umlandgemeinde präsentiert, wird dem Bevölkerungsschwund entgegentreten können. Innovation und Handlungsbereitschaft sind nun gefragter als je zuvor.
Von einem barrierefreien Wohnungs- und Städtebau würden nicht nur ältere Menschen, sondern alle Bewohner einer Stadt profitieren. Der aktuelle Bestand an barrierefreien Wohnungen ist gering, der Bedarf steigt. Für Bestandshalter und Investoren eröffnet sich hier die Möglichkeit auf Investitionen mit einer attraktiven Zusatzrendite.
Foto von Chino Rocha auf Unsplash